Brigitte-Diät und Men’s Health? Milchstrasse! Jedes Jahr im Winter locken diese beiden Zeitschriften mit Fitness- und Diät-Tipps, den schlaffen Körper rechtzeitig vor der nächsten Badesaison wieder in Form zu bringen. Wir Fotografen (und Fotografinnen) haben dagegen im Winter Zeit, uns auf die nächste Milchstraßensaison vorzubereiten. Denn wenn die Milchstrasse ab Februar wieder über unserer Lieblingslocation steht, ist es zu spät zum üben. Also ran ans Werk! Nach meinem ersten Artikel zum Thema Milchstraße im letzten Jahr (Link am Ende des Artikels) hat sich einiges getan. Ich habe neue Bilder gemacht, neue Erfahrungen gewonnen und bin auf ein neues Kamerasystem umgestiegen. Zeit also, die Fotografie der Milchstraße nochmal zu überarbeiten.

Aber der Reihe nach…

Die Milchstrasse zu fotografieren ist nicht schwierig, wenn die Bedingungen stimmen, Du Dich ein wenig vorbereitest und den Umgang mit der Fotoausrüstung bei Nacht übst. Auf folgende Themen werde ich deshalb genauer eingehen:

  • Wetter
  • Mondphase
  • Position der Milchstraße
  • Lichtverschmutzung
  • Passende Fotoausrüstung
  • Kameraeinstellungen

Wetter

Wie schon beschrieben muss das Wetter passen. Für die Fotografie der Milchstrasse bedeutet das im Wesentlichen, dass der Himmel frei sein muss. Dazu schaust Du Dir am besten passende Satellitenbilder an. Aus ihnen kannst Du den Gesamtbedeckungsgrad des Himmels zu dem Zeitpunkt ablesen, an dem Du Dein Bild machen möchtest.

Ein gute Quelle ist die Wetterzentrale (Link am Ende des Artikels). Dort wählst Du unter „Top-Karten“ das „WRF-Wettermodell“ aus. Nun erscheint eine neue Seite, auf der Du links alle möglichen Parameter wählen kannst. Klicke hier auf „Gesamtbedeckungsgrad“. Es wird ein Satellitenbild eingeblendet, an dessen oberem linken Rand Du Text wie z.B. „Init: Mon,13NOV2017 00Z“ lesen kannst. Das ist das Erstellungsdatum und -zeitpunkt der Karte. Sie wurde am Montag, 13. November um 00.00 Uhr errechnet. Wenn Du nun zum Beispiel wissen willst, welche Gesamtbedeckung des Himmels am 13. November um 12.00 Uhr herrscht, klickst Du in der farbig hinterlegten Zeile direkt über der Karte auf die Zahl 12.

Damit lässt Du Dir die Vorschau des Satellitenbildes 12 Stunden nach Erstellung der Karte anzeigen, also in diesem Fall also um 12.00 Uhr. Zur Kontrolle kannst Du den Gültigkeitszeitpunkt auf der Karte oben rechts ablesen. in unserem Beispielbild steht hier „Valid: Mon,13NOV2017 12Z“. Das ist genau der Zeitpunkt, an dem wir uns für das Wetter interessieren. Bitte beachte, dass die Zeit auf den Wetterkarten in UTC-Zeit angegeben ist, dafür steht das „Z“. Für unsere mitteleuropäische Winterzeit (MEZ) ist zur angegebenen Zeit eine Stunde, für die Sommerzeit (MESZ) sind zwei Stunden dazuzurechnen.

  • Winterzeit (MEZ) = UTC + 1
  • Sommerzeit (MESZ) = UTC + 2

Wenn Du also im Winter um 22.00 Uhr fotografieren willst, musst Dir die Wetterkarte für 21.00 Uhr ansehen. Und wenn Du mehr über das Wetter wissen willst, lege ich Dir das hervorragende Buch „Fotografieren mit Wind und Wetter“ von Bastian Werner ans Herz. Den Link findest Du am Ende des Artikels.

Nun braucht es noch etwas Übung, um auf der Karte den Punkt zu finden, an dem Du fotografieren wirst. Vor allem bei stark bedecktem Himmel sind die Ländergrenzen auf der Karte oft nicht zu sehen. Aber durch hin- und herschalten zwischen den einzelnen Vorschauen und Vergleich mit z.B. einer Google-Maps-Karte kommt man mit etwas Übung schnell zum Ziel.

Mondphase

Die zweite Aufgabenstellung ist es zu ermitteln, welche Mondphase herrscht und falls gerade kein Neumond ist, wo und wann der Mond auf- bzw. untergeht. Diese Informationen sind wichtig, da der Mond auf Grund seiner Helligkeit die Sichtbarkeit der Sterne stark einschränken kann. Wenn also kein Neumond ist, kannst Du die Sterne trotzdem fotografieren, sofern der Mond noch nicht auf- oder schon untergegangen ist oder er sehr tief steht. Andererseits kann der Mond helfen, die Landschaft im Bild etwas aufzuhellen. Die Position sowie die Auf- und Untergangszeiten des Mondes ermittelst Du zum Beispiel mit der App TPE (The Photographer’s Ephemeris) oder mit PhotoPills. Links zu beiden Apps findest Du am Ende des Artikels.

Position der Milchstrasse

Nun ist noch die Kenntnis der Position der Milchstrasse wichtig. Insbesondere das sogenannte galaktische Zentrum ist interessant, da es am hellsten ist und die interessantesten Strukturen aufweist. Auch hier helfen wieder die oben genannten Apps. Die Apps sind intuitiv bedienbar, mit ein wenig ausprobieren kommst Du schnell zum Ziel. Oder lies Dir den hervorragenden Blogartikel vom Michael Lauer durch (Link siehe unten). Ich selbst arbeite seit Jahren mit TPE. Falls Du dazu eine Frage hast, freue ich mich über eine E-Mail oder einen Kommentar.

Lichtverschmutzung

Unter Lichtverschmutzung versteht man die Tatsache, dass die Nächte durch die zunehmende und immer stärkere künstliche Beleuchtung von Städten und Straßen nicht mehr richtig dunkel werden. Je näher und größer die nächste Ortschaft, desto heller die Nacht. Für die Tierwelt ist das eine schädliche Entwicklung, da der natürliche Tag-Nacht-Rhythmus gestört wird.

Uns Fotografen stört die Lichtverschmutzung, weil sie uns den Blick auf die Sterne erschwert. Was kann man dagegen tun? Zunächst hilft es, weiten Abstand von künstlicher Beleuchtung zu halten. Darunter verstehe ich durchaus Entfernungen von 20 bis 30 Kilometern. Aber auch einzelne starke Lichtquellen können ein Bild kaputt machen.

Daneben gibt es Filter, die unter Namen wie „Natural-Night“ oder „Clear-Night“ verkauft werden. Sie sollen die störenden Anteile im Lichtspektrum entfernen. Obwohl ich diese Filter bisher nicht getestet habe, bin ich ein wenig skeptisch. Auf den Webseiten der Hersteller klingt das in der Theorie recht vielversprechend, aber die Vorher-Nachher-Bilder zeigen immer nur eine Farbverschiebung, nicht aber eine bessere Sicht auf die Sterne. Falls Du Erfahrungen mit diesen Filtern gemacht hast, würde ich mich über einen Kommentar sehr freuen!

Bei der Ermittlung einer passenden Location mit möglichst wenig Lichtverschmutzung hilft auch wieder die App TPE. Wie das geht, kannst Du ebenfalls im Artikel von Michael Lauer nachlesen. Spannend ist es nun, alle Parameter mit einer geeigneten Location so zu kombinieren, dass am Ende ein gutes Bild herauskommt. Natürlich gehört auch ein wenig Glück dazu.

Aber mit dem Handwerkszeug, dass ich Dir gezeigt habe, reduzierst Du die Wahrscheinlichkeit eines Fehlschlages ganz erheblich. Denn nichts ist frustrierender, als nachts an einer tollen Location zu stehen und festzustellen, dass der Himmel mit dichten Wolken verhangen ist oder die nahe Stadt die Sicht auf die Sterne stark einschränkt.

Fotoausrüstung

Welche Fotoausrüstung ist nun erforderlich, um die die Milchstrasse zu fotografieren? Dazu vergegenwärtigen wir uns am besten nochmal, welche Bedingungen vorherrschen und leiten davon die Anforderungen an die Ausrüstung ab:

  • Es ist Nacht, wir haben lange Belichtungszeiten, also brauchen wir ein Stativ. Untrennbar mit dem Stativ verbunden ist ein Fernauslöser. Das muss kein Super-Duper-Funk-Timer sein, ein einfacher Fernauslöser reicht.
  • Die Erde bewegt sich auf ihrem Weg um die Sonne, während die Sterne am Himmel stillstehen. Das bedeutet, dass trotz der Dunkelheit die Verschlußzeit nicht allzu lang werden darf, damit die Sterne als Punkte, nicht als Striche abgebildet werden. Also muss ein möglichst lichtstarkes Objektiv her.
  • Das Sichtfeld bzw. der Bildwinkel ist recht groß, da wir neben einem geeigneten Vordergrund auch möglichst viel vom Himmel, also von der Milchstrasse aufs Bild bekommen wollen. Daher sollte unser Objektiv eine kurze Brennweite haben.
  • Zu guter Letzt sollte es die Kamera ermöglichen, bei hohen ISO-Werten um die ISO 1600 noch ausreichend rauschfreie Bilder zu erzeugen.

Meine Ausrüstung für diesen Einsatzzweck sieht so aus:

  • Kamera: Fuji X-T2
  • Objektiv: Samyang 12/2.0
  • Stativ
  • Einfacher Fernauslöser

Kameraeinstellungen

Ob Du nun im Hoch- oder im Querformat fotografierst hängt vom Motiv und von den persönlichen Vorlieben ab. Ich mache meistens sowohl ein Hoch- als auch ein Querformatbild. Die größte Herausforderung ist es wahrscheinlich, das Objektiv scharfzustellen. Moderne Objektive haben weder bei „Unendlich“ noch am „kurzen“ Ende einen Anschlag am Fokussierring, oder „Unendlich“ befindet sich nicht am Anschlag, sondern ein kleines Stück davor. So verhält es sich bei meinem Samyang-Objektiv.

Wenn man vor Ort keinen weit entfernten Lichtpunkt, wie zum Beispiel eine Straßenlaterne hat, auf den man scharfstellen kann, wird es schwierig. Du kannst Dir helfen, indem Du am Tag auf einen weiten Punkt scharfstellst und Dir dann die Position des Fokussierrings merkst und am Objektiv kennzeichnest. Oder Du gehst auf Nummer sicher und fixierst den Fokussierung mit einem Klebestreifen in der richtigen Position. Ich habe an dem Samyang-Objektiv mit einem wasserfesten Stift einen kleinen Strich angebracht, den ich auch nachts mit der Stirnlampe erkennen kann.

Das erste Bild mache ich immer mit Offenblende und einer Belichtungszeit von 20 Sekunden. Die Empfindlichkeit stelle ich auf ISO 800. Dann mache ich ein erstes Testbild. Wichtig für die Belichtungskontrolle: Im Dunkeln erscheint das Bild auf dem Kameradisplay immer wesentlich heller, als es sich dann später auf dem Monitor am heimischen Schreibtisch zeigt. Auch das Histogramm hilft hier nur bedingt.

Nach meiner Erfahrung ist die einzige Lösung, seine Kamera zu kennen, die Displayhelligkeit zu reduzieren und mehrere Bilder mit unterschiedlichen Belichtungszeiten und ISO-Einstellungen zu machen. Beim Variieren der Parameter versuche ich immer, zuerst die Belichtungszeit zu reduzieren, um sicher keine Bewegungsspuren der Sterne zu produzieren.

Des weiteren deaktiviere ich an meiner Kamera die Rauschreduzierung bei Langzeitbelichtung. Das Rauschen kannst Du je nach Kamera hinterher in der Bildbearbeitung meist ebensogut reduzieren. So musst Du an der Location zwischen den Bildern nicht so lange warten.

Die ideale Verschlusszeit

Wie lange ist nun die ideale Verschlusszeit? Hier gibt es eine einfache Faustregel für die Verschlußzeit, bei der die Sterne noch nicht als Striche abgebildet werden:

  • Vollformat: 500/Brennweite
  • APS-C: 300/Brennweite

Bei Vollformat und 14mm Brennweite kommt man damit auf knapp 36 Sekunden, bei APS-C und 12mm beträgt die maximale Verschlußzeit 25 Sekunden. Mit meiner Fuji X-T2, einer APS-C Kamera und dem Samyang 12/2.0 bin ich deshalb mit einer „Startzeit“ von 20 Sekunden weit im grünen Bereich.

Weitere Tipps

Wichtig ist mir noch der Hinweis, nicht in die Motivstarre zu verfallen. Was meine ich damit? Auch wenn Nachts alles ein wenig umständlicher ist, lohnt es sich doch, vom Hoch- ins Querformat zu wechseln, verschiedene Brennweiten zu benutzen, mit der Verschlußzeit und dem ISO-Wert zu spielen oder auch den Standort zu wechseln. So läßt sich die Ausbeute ein wenig steigern und man bleibt in Bewegung.

Je nach Location kann es auch sinnvoll sein, zwei Aufnahmen zu machen: Eine für den Himmel und eine für die Landschaft. Den Himmel belichtest Du wie vorhin gelernt und für die Landschaft machst Du eine Langzeitbelichtung mit niedrigem ISO-Wert um das Rauschen zu reduzieren. Beide Bilder legst Du dann in der Bildbearbeitung übereinander und maskiert im „Himmel-Bild“ den Vordergrund bzw. im „Vordergrund-Bild“ den Himmel aus.

So, das war die Beschreibung, wie Du zu guten Bildern des Nachthimmels und der Milchstraße kommst. Was ist noch wichtig? Ach ja: Sei vertraut mit Deiner Ausrüstung und lerne, Deine Kamera blind zu bedienen. Das sind zwar keine zwingenden Voraussetzungen für die Nachtfotografie, aber Sie erleichtern Deine nächtlichen Fotoabenteuer ganz erheblich. Und vergiss nicht, warme Klamotten und eine Brotzeit mitzunehmen!

Weiterführende Links

Meine Fotoausrüstung für die Nacht

  • Fuji X-T2: Meine APS-C-Kamera*
  • Samyang 12/2: Ein günstiges, aber hervorragendes Weitwinkelobjektiv mit vernachlässigbar geringen Bildfehlern *
  • Fernauslöser: Hier tut es jeder einfach NoName-Auslöser. Aber je billiger er ist, desto wichtiger ist es, einen Ersatz dabeizuhaben*

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4 Kommentare
  1. Frank
    Frank sagte:

    Schöne Zusammenfassung, da freut man sich schon gleich auf die neue „Milchstraßensaison“!
    Ergänzend bleibt noch zu sagen, dass es sich empfiehlt für die Bewölkungsvorhersage auch andere Lokalmodelle wie z.B. HIRLAM, AROME und aus das Kachelmann Super HD anzusehen. Die drei vorgenannten Modelle + das von Thomas genannte WRF basieren auf unterschiedlichen Globalmodellen als Antreiber, die gewisse Stärken und Schwächen haben.
    Hier kurz im Überblick:
    WRF -> GFS, Modell des Amerikanischen Wetterdienstes NOAA
    HIRLAM -> ECMWF, Europäische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage
    AROME -> Arpege, Meteo France
    Kachelmann Super HD -> ICON, Deutscher Wetterdienst
    Internetseiten:
    HIRLAM und AROME (nur für Südwestdeutschand): http://www.wetter3.de
    Kachelmann Super HD: http://www.kachelmannwetter.com/de/modellkarten/sui-hd

    Antworten
  2. Michael Bauer
    Michael Bauer sagte:

    Sehr interessanter Artikel. Die Milchstraße steht schon länger auf meiner Liste. Habe nur bis jetzt noch nicht den Hintern hoch bekommen. Im Februar bin ich wieder an der Costa Blanca. Dort kann man die Milchstraße mit bloßem Auge sehen. Mal sehen was ich daraus machen kann.
    Viele Grüße
    Michael

    Antworten
    • Thomas Zilch
      Thomas Zilch sagte:

      Danke für Deinen Kommentar, Michael. Ja, es fällt mir auch immer schwer, mitten in der Nacht aus dem Bett zu kriechen. Aber wenn ich dann in der klaren kalten Nachluft den Sternenhimmel bewundern darf, sind alle Strapazen wieder vergessen.
      Viele Grüße,
      Thomas

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