Schon wieder ein Systemwechsel?
Nach gut einem halben Jahr, in dem ich die Nikon Z7 nun im Einsatz habe, ist es Zeit für ein kurzes Resümee. Einige erinnern sich vielleicht: Im Jahr 2016 bin ich von Nikon zu Fuji umgestiegen, weil mir die D810 zu schwer geworden war und ich ein wenig die Lust verloren hatte, sie immer mit mir herumzuschleppen. Ein weiterer Grund für den Wechsel waren die großen 150er-Filter, die ich wegen des Nikon AF-S 14-24/2.8 einsetzen musste. Alles kam mir irgendwann zu sperrig und schwerfällig vor.
Also verkaufte ich mein Nikon-Equipment und war gut zwei Jahre mit einer Fuji X-T2, später mit einer X-T3 unterwegs. Selbstverständlich war das rein technisch ein Rückschritt gegenüber der D810, aber das Handling und die Ergebnisse begeisterten mich zunächst. Besonders gut hat mir gefallen, dass durch die fortwährenden Updates der Fuji-Firmware meine Wunschliste, die ich mir nach dem Umstieg von Nikon aufgestellt hatte, Stück für Stück kleiner wurde und schließlich ganz verschwand. Das Konzept von Fuji, durch die Firmware-Updates nicht nur Fehler zu beheben, sondern ganz neue Kamerafunktionen nachzurüsten, finde ich immer noch klasse.
Aber wo Licht ist, ist auch Schatten, und so gab es zwei Dinge, die mich an der Fuji immer mehr störten: Zum einen die auf Grund der kleinen Knöpfe wirklich schlechte Bedienbarkeit vor allem nachts und mit Handschuhen. Und zum anderen die Qualität, mit der insbesondere feine Strukturen und kleine Lichtquellen abgebildet wurden. Das sah für mich immer etwas künstlich, irgendwie computergeneriert aus. Dass man die Bilder des Fuji X-Trans Sensors anders schärfen musste, daran hatte ich mich schnell gewöhnt. Auch daran, dass Lightroom mit den Fuji RAWs schwerfälliger reagierte als mit Nikon-RAWs.
Es mag wie Erbsenzählerei klingen, aber durch die beiden erstgenannten Punkte entstanden ernste Risse in der Beziehung zwischen meinen Fujis und mir.
Erstkontakt mit der „Neuen“
Dann durfte ich Ende 2018 die Nikon Z7 in Händen halten. Es waren zwei Jahre vergangen, seitdem ich das letzte Mal eine Nikon bediente. Und trotz der Tatsache, dass sich eine spiegellose Z7 komplett anders anfühlt als eine dicke D810, war sofort das Nikon-Gefühl wieder da! Die Bedienelemente, die Menüs, alles wirkte vertraut und ich konnte sofort damit umgehen. Der Sucher ist bombastisch und der Autofokus war auch mit der damaligen Firmware der Z7 deutlich schneller und treffsicherer als der der Fuji X-T3. Das Gehäuse ist mit Ausnahme des Griffwulstes nicht größer als das einer Fuji X-T3. Aber durch diesen mächtigen Wulst, der den Akku beherbergt, liegt die Nikon wesentlich besser in der Hand. Die Objektive sind natürlich fast so groß und schwer wie vorher, schließlich sind wir hier wieder beim Vollformat. Fast, weil sie keinen Stabilisierungsmechanismus enthalten, denn dieser (IBIS) ist ja im Kameragehäuse eingebaut.
Es war also fast Liebe auf den ersten Blick – oder vielleicht auch nur eine Rückkehr zu Gewohntem und Liebgewonnenem?
Nach meinem Erstkontakt mit der Z7 hatte es die Fuji schwer bei mir. Im April 2019 entschied ich mich zu einem erneuten Systemwechsel – zurück zu Nikon. Manche in meinem Umfeld schüttelten nur den Kopf über meine Entscheidung. Vielleicht zu Recht, denn so richtig rational war das Ganze ja nicht.
Aber ich habe die Rückkehr zu Nikon bisher keine Sekunde bereut. Die Bildqualität ist über jeden Zweifel erhaben. Die Objektive sind von ihrer mechanischen und optischen Qualität besser als alle Objektive, die ich je besessen habe. Insbesondere die Bildqualität der drei Festbrennweiten (Z 24/1.8 S, Z 50/1.8 S und Z 85/1.8 S) treibt mir manchmal die Freudentränen in die Augen.
Neue alte Möglichkeiten
Die Bedienung ist so, wie ich es von Nikon gewohnt bin. Alle Knöpfe sind da, wo ich sie erwarte und auch gut erreichen kann. Sie sind ausreichend groß, um sie auch bei Nacht und mit Handschuhen bedienen zu können. Da ich oft manuell belichte, habe ich mir die Verschlusszeit auf das vordere und die Blende auf das hintere Einstellrad gelegt. Die ISO kann ich durch den mittig hinter dem Auslöser angebrachten Knopf in Verbindung mit den Einstellrädern ebenfalls schnell und intuitiv einstellen.
Zum ersten Mal nutze ich nun auch die Möglichkeit, Benutzereinstellungen für bestimmte Aufnahmesituationen zu speichern. Diese Funktion gibt es sowohl bei Nikon als auch bei Fuji schon lange, ich habe sie nur seltsamerweise bisher nicht genutzt. Die drei bei der Z7 verfügbaren Positionen U1, U2 und U3 habe ich mir wie folgt konfiguriert:
- U1: Alltagsfotografie: Zeitautomatik, ISO 200, Startwert f/4, AF auf dem Auslöser, IBIS ein
- U2: Manuelle Belichtung Freihand: M-Modus, ISO 100, Startwert f/5.6, Back Button AF, IBIS ein
- U3: Manuelle Belichtung vom Stativ aus: M-Modus, ISO 64, Startwert f/8, Back Button AF, IBIS aus
Erstaunlich, dass ich die Vorzüge dieser Möglichkeit erst jetzt zu schätzen gelernt habe…
Nichts ist perfekt
Aber wie das so ist habe ich, obwohl ich mit der Z7 rundum glücklich und zufrieden bin, auch jetzt wieder eine kleine Wunschliste von Features, die die Fuji X-T3 hatte und die der Nikon Z7 noch fehlen:
- Es fehlt ein RBG-Live-Histogramm. Mittlerweile stufe ich ein RGB-Histogramm aber nur noch als „Nice-to-have“ ein, da ich nach einem halben Jahr die Fähigkeiten des Z7-Sensors recht gut kenne und auch mit dem Summen-Histogramm sehr gut arbeiten kann.
- Während einer Langzeitbelichtung sind sowohl Display als auch Sucher funktionslos. Es wäre wunderbar, wenn die verstrichene Belichtungszeit sichtbar hoch- oder heruntergezählt würde. Im Falle eines Dunkelbildabzuges („Rauschunterdrückung bei Langzeitbelichtung“) könnte natürlich auch diese Zeit angezeigt werden.
- Es sollten Belichtungen von mehr als 30 Sekunden direkt an der Kamera eingestellt werden können. Fuji kann das aktuell bis 15 Minuten. Allerdings auch nur in vollen Blendenstufen, was mir bei langen Zeiten immer etwas zu grob war. Mein Vorschlag: Drittelstufen, wie bei Zeit, Blende und ISO.
- Die Steuerung von Display und Sucher sollte mehr Möglichkeiten aufweisen, wie z.B. dass sämtliche Informationsanzeigen ausgeblendet werden und nur das Live-Bild angezeigt wird. Dies würde die saubere Bildkomposition erleichtern.
- Der nervöse Augensensor, der das Display aus- und den Sucher einschaltet, sobald man sich dem Sucher mit dem Auge (oder irgendetwas anderem!) nähert, sollte wahlweise komplett deaktiviert werden können.
- Ein „Nachtmodus“, bei dem das Livebild zur Bildkomposition und Fokussierung deutlich aufgehellt dargestellt wird, wäre toll. Individualfunktion d8 auf „Aus“ ist mir zu wenig…
Diese Liste ist wesentlich kürzer als die, die ich anfangs für die Fuji X-T2 aufgestellt habe. Es sind alles Anforderungen an eine Weiterentwicklung der Software. Ich hoffe sehr, dass auch Nikon hier mit der Zeit geht und in nicht allzu langen Zeitabständen entsprechende Firmware-Updates veröffentlicht.
Fazit
Noch ein Wort zur aktuellen Objektivpalette: Ein wenig mehr Speed bei der Markteinführung neuer Objektive, wie z.B. dem Z70-200/2.8S oder dem Z20/1.8S würde der schnelleren Verbreitung des Z-Systems sicherlich gut tun. Allerdings ist es für einen Hersteller wie Nikon auch nicht einfach, ein komplett neues Kamerasystem mit vielen Objektiven in kurzer Zeit aus dem Boden zu stampfen. Canon und Sony haben es da auf Grund weiterer Standbeine im Bereich der Consumer-Elektronik sicherlich leichter.
Aber ich bin optimistisch und freue mich auf alles, was Nikon für das Z-System in den kommenden Jahren auf den Markt bringen wird. Zwei meiner Wünsche sind schon genannt: Das Z70-200/2.8S und das Z20/1.8S sind sichere Kandidaten für meinen Fotorucksack. Zu einem kurzen, lichtstarken Ultraweitwinkel, z.B. ein 15/2.0 und einem 105er Makro würde ich auch nicht nein sagen.
Alles in allem hat Nikon mit dem Z-System aus meiner Sicht einen richtig guten Coup gelandet – gerade noch rechtzeitig!