Anleitung zur Polarlichtfotografie

Jetzt ist die beste Zeit, um Polarlichter zu fotografieren! Du hast möglicherweise schon Deine Fotoreise in eine Gegend nördlich des Polarkreises geplant und möchtest nun wissen, wie Du die Polarlichter am besten auf der Speicherkarte verewigen kannst. Mit dieser Anleitung zur Polarlichtfotografie gebe ich Dir Informationen an die Hand, mit denen Deine erste Jagd auf Polarlichter zum Erfolg werden wird.

Was sind Polarlichter und wie entstehen sie?

Fast jeder hat schon Bilder von Polarlichtern gesehen, aber meist nur in Zeitschriften oder im Fernsehen. Aber in der dunklen, kalten und sternenklaren Polarnacht weitab der Zivilisation im Schnee zu stehen und die Polarlichter selbst bestaunen zu dürfen, ist eines der größten Abenteuer, die man als Landschaftsfotograf erleben kann.

Für die Entstehung der Polarlichter ist die Sonne verantwortlich. Sie sendet mit dem Sonnenwind einen Strom von Partikeln in alle Richtungen ins All. Die Teile des Sonnenwindes, die auf die Erde treffen, werden vom Magnetfeld der Erde abgelenkt. Zum Glück, denn ohne das Magnetfeld gäbe es kein Leben auf unserem Planeten. Der Sonnenwind tritt je nach Aktivität der Sonne in unterschiedlicher Geschwindigkeit und Intensität auf und besteht aus geladenen Teilchen, im Wesentlichen aus ionisiertem Wasserstoff.

Durch den Kontakt mit der Erdatmosphäre entstehen dann die als Polarlicht bekannten Leuchterscheinungen. Dabei treten nicht nur die grünen Lichter auf, sondern je nach Höhe und Intensität des Kontaktes mit der Erdatmosphäre können auch violette und rote Polarlichter beobachtet werden.

Wo findet man Polarlichter?

Polarlichter treten, wie der Name schon sagt, nur an den Polen auf. Der Grund dafür ist wieder das Magnetfeld. Man kann es sich als gedachte Linien vorstellen, die die Erde am Nordpol verlassen, sich um die Erde spannen und am Südpol wieder eintreten. An den Polen wird der Sonnenwind damit weniger abgelenkt und folgt den Magnetfeldlinien, bis seine Partikel wie schon erwähnt mit Partikeln der Erdatmosphäre interagieren und die Leuchterscheinungen erzeugen.

Die Polarlichter treten damit ein einem „Kringel“ rund um Nord- und Südpol auf. Der Kringel ist auf Grund der Lage der Erde im Sonnensystem leicht gegen die Erdachse verschoben. Aus unserer Sicht wandert dieser Kringel mit der Erdrotation in 24 Stunden einmal rund herum.

Orte, die dann zeitweise direkt unter diesem Bereich liegen, wie z.B. die Gegend um Tromsø, sind aus landschaftsfotografischer Sicht besonders interessant. Zum einen ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, in dort Polarlichter beobachten zu können, zum anderen sehen sie dort besonders schön aus.

Kann man Polarlichter vorhersagen?

Das Auftreten von Polarlichtern ist an mehrere Bedingungen geknüpft: Zu allererst muss es Nacht sein und der Himmel muss frei von Wolken sein. Daneben muss die Aktivität des Sonnenwindes entsprechend hoch sein.

Es gibt verschiedene Apps, die versuchen, die Aktivität vorherzusagen, in dem sie die Daten verschiedener meteorologischer Stationen auswerten. Solche Apps sind zwar hilfreich, aber eine positive Vorhersage einer App ist noch lange keine Garantie dafür, dass man auch wirklich Auroren beobachten kann. Man wird also des Öfteren in der Kälte stehen und vergeblich auf die Himmelserscheinungen warten.

Ein Maß für die Stärke der Polarlichter ist der Kp-Index, der im Jahr 1939 von dem deutschen Geophysiker Julius Bartels entwickelt wurde. Je höher der Kp-Wert, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Polarlichter beobachtet werden können.

Um den aktuellen Kp-Index zu erfahren, nutze ich meistens die App „Aurora Alerts“. Sie zeigt neben dem Kp-Index weitere Parameter des Sonnenwindes für beliebige Punkte auf der Erde an. Daneben bietet die App eine sehr hilfreiche Vorschau über die Entwicklung der nächsten Tage. Diese App und daneben eine gute App für die Wettervorhersage (wie z.B. „Yr“, die App des Norwegischen Meteorologischen Instituts), mehr braucht es nicht.

Ausrüstung: Was brauche ich, um Polarlichter zu fotografieren?

Polarlichter können sich sehr unterschiedlich verhalten: Manchmal stehen sie sehr ruhig am Himmel, manchmal bewegen sie sich sehr schnell und manchmal springen sie regelrecht hin und her. Es gibt deshalb kein Patentrezept, wie die Kamera einzustellen ist.

Kamera

Aber der Reihe nach: Um erfolgreich Polarlichter fotografieren zu können, benötigen wir eine Kamera, an der Blende, Belichtungszeit und Empfindlichkeit (ISO) manuell einzustellen sind. Ja, man kann Polarlichter auch mit dem Smartphone fotografieren, aber darum soll es in diesem Artikel nicht gehen.

Objektiv

Daneben ist ein möglichst lichtstarkes Weitwinkelobjektiv notwendig. Lichtstark soll es sein, damit wir die Belichtungszeit möglichst kurz halten können, ohne die Empfindlichkeit allzu hoch setzen zu müssen. Bei zu langen Belichtungszeiten besteht die Gefahr, dass die Polarlichter nur als verwaschener grüner Farbfleck auf dem Bild erscheinen und mit steigender ISO steigt auch das Bildrauschen an. Beides wollen wir vermeiden.

Es ist schwierig, für die Brennweite des Objektivs eine klare Empfehlung auszusprechen. Idealerweise wollen wir ja nicht nur die Polarlichter aufs Bild nehmen, sondern auch einen Teil der Landschaft. Du weißt ja: Vordergrund macht Bild gesund! Ich selbst habe Polarlichter bisher mit Brennweiten zwischen 14 und 35 Millimetern fotografiert.

Stativ und Fernauslöser

Ein weiterer unverzichtbarer Ausrüstungsgegenstand ist ein stabiles Stativ, das unsere Kamera während der Belichtung sicher und verwacklungsfrei trägt. Und wenn die Kamera keine einstellbare Auslöseverzögerung bietet, kann die Verwendung eines Fernauslösers sinnvoll sein. Ich bevorzuge kabelgebundene Fernauslöser. Diese funktionieren immer, sofern es sich nicht um billigen Chinakram handelt und da sie am Kabel hängen, können nicht auf Nimmerwiedersehen im Schnee versinken.

Fokussieren…

Ein wichtiges Thema ist das richtige Fokussieren in der Dunkelheit: Die Fokussierringe moderner Objektive haben in aller Regel keinen Anschlag mehr. Das bedeutet, man kann nicht einfach bis zum Anschlag drehen, um auf Unendlich zu fokussieren. Man sollte dann manuell auf einen hellen Stern oder, falls man sich nicht ganz weit ab von der Zivilisation aufhält, auf eine weit entfernte Straßenlaterne oder andere Lichtquelle fokussieren.

… belichten…

Nachts lässt uns der Belichtungsmesser unserer Kamera meistens im Stich, daher ist es sinnvoll, wenn man sich, ausgehend von einer Starteinstellung, an die richtige Belichtung herantastet. Diese Starteinstellung hängt stark von der verwendeten Kamera-Objektiv-Kombination ab. Eine sinnvolle Kombination von Belichtungsparametern, mit der man beginnen kann, ist

  • Belichtungszeit 10 Sekunden
  • ISO 1600 bis 3200
  • Offenblende (je nach Objektiv 1.8, 2.8 oder 4)

Je nach Ergebnis tastet man sich dann an die passende Wertekombination heran. Dabei sind folgende Randbedingungen zu beachten:

  • Allgemeine Helligkeit des Himmels und der Landschaft
  • Dynamik des Polarlichts: Je stärker es sich bewegt, desto niedriger sollte die Belichtungszeit sein
  • Rauschverhalten der Kamera: Je schlechter, desto niedriger der ISO-Wert
  • Leistungsfähigkeit des Objektivs bei Offenblende: Viele Objektive zeigen bei Offenblende mehr oder weniger starke Abbildungsfehler. Da kann es sinnvoll sein, die Blende ein wenig zu schließen.

Achtung: Da die Umgebung ja sehr dunkel ist, erscheint das fertige Bild auf dem Kameradisplay viel heller, als es in Wirklichkeit ist. Um sich hier nicht täuschen zu lassen, sollte man die Displayhelligkeit herunterregeln und das Bild nicht auf dem Display, sondern anhand des Histogramms beurteilen.

… und genießen!

Wenn dann die Polarlichter die nächtliche Bühne betreten, heißt es Feuer frei. Und bei aller Freude an diesen wunderbaren Naturerscheinungen sollte man nicht vergessen, die Bildkomposition zu variieren, indem man den eigenen Standort, den Bildausschnitt oder die Brennweite verändert.

Und noch wichtiger ist es, nicht nur durch die Kamera, sondern ab und zu auch mal eine Zeitlang mit eigenen Augen zum Himmel zu schauen und das Schauspiel zu genießen.

Fazit

Polarlichter sind eine wunderbare Naturerscheinung. Jeder, der sie einmal live erleben durfte, wird diese Erfahrung nie mehr vergessen und es zieht ihn von da an immer wieder in den hohen Norden, hin zu den Polarlichtern.

Weiterführende Links

3 Kommentare
  1. Karsten
    Karsten sagte:

    Hallo Thomas,

    danke für diesen Beitrag. Das Erlebnis steht bei mir auch an.
    Da du auch das Z 14-24 getestet hast (2.8): würdest du das für Polarlichter an eine Z7 II als vollkommen ausreichend sehen, oder z.B. das 20/1.8 empfehlen, dabei auf die Brennweite verzichten für Blende?

    Danke für jede Info
    Karsten

    Antworten
    • Thomas Zilch
      Thomas Zilch sagte:

      Hallo Karsten,

      ich habe beide Objektive, beide besitzen eine hervorragende Abbildungsqualität und beide sind bereits bei Offenblende knackscharf bis in die Bildecken. Auch das Coma, der Bildfehler, der punktförmige Lichtquellen (Sterne) in den Bildecken linsenförmig verzerrt, ist fast nicht vorhanden und bei Abblenden um eine Blendenstufe nahezu völlig verschwunden.

      Warum also beide Objektive benutzen?

      Ganz klar, weil man flexibler ist.

      Wenn man Polarlichter fotografieren will und der Mond am Himmel steht, ist in der Regel sehr viel Licht vorhanden. Dann reicht die Anfangsblende 2.8 des Z 14-24/2.8 locker aus. Wenn es dagegen richtig dunkel ist, nehme ich gerne das Z 20/1.8. Es ist ja mehr als eine Blendenstufe offener, d.h. es fällt mehr als doppelt so viel Licht auf den Sensor. Das bedeutet, geringere ISO oder kürzere Belichtungszeit oder eine Kombination aus beidem. Gerade bei sich schnell bewegenden Polarlichtern kann das ein Vorteil sein.

      Auf der anderen Seite kann eine höhere Flexibilität bei der Wahl der Brennweite wichtig sein, wenn die Landschaft dies erfordert. Dann ist das Z 14-24 klar im Vorteil.

      Also, lange Rede, kurzer Sinn: Ich bin froh, dass ich beide Objektive habe. Und beide sind auch immer in meinem Rucksack, wenn es in den Norden geht. Wenn Du aber noch keines der beiden Objektive hast, würde ich Dir zuerst das Z 14-24 empfehlen, einfach weil es flexibler ist. Ich kenne viele Fotografen, die ausschließlich ein 14-24/2.8 besitzen und seit vielen Jahren damit sehr gute Bilder von Polarlichtern machen.

      Noch ein kleiner Punkt: Ich selbst habe eine Z7 und eine Z6 II. In der Nacht benutze ich fast immer die Z6 II, weil sie wegen der größeren Pixel ein (geringfügig) besseres Rauschverhalten zeigt als die Z7.

      Viele Grüße,
      Thomas

      Antworten

Trackbacks & Pingbacks

  1. […] Anleitung zur Polarlichtfotografie […]

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert